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Protest durchs Kreuze setzen? Das Phänomen des Protestwählers

Kann man jemanden explizit als Protestwähler bezeichnen? Was macht einen Protestwähler aus? Und wie groß ist ihr Einfluss wirklich?

 

 

Das Wort Protestwähler lässt vermuten um was es sich handeln könnte. Zum einen Teil geht es um Wähler und zum anderen Teil geht es diesen dabei um Protest.

Das Konzept „Protestwähler“ lässt sich in zwei Stufen betrachten. Die 1. Stufe wäre dabei so zu definieren, dass ein Wähler für eine Partei stimmt, welche normalerweise nicht seine erste Wahl wäre, weil er z.B. mit der Politik oder der Auswahl an Kandidaten seiner normalerweise präferierten Partei nicht zufrieden ist. Dies wäre die milde Form des Protestes. Die 2. Stufe fiele dann extremer aus, wenn aus Protest gegen die gesamte Politik und ihre Regierung eine Partei des linken oder rechten Randes gewählt wird, obwohl man die Ansichten gar nicht oder nur sehr begrenzt teilt. Mit dieser Form wird versucht eine Veränderung in der Politik herbeizuführen, indem die „etablierten“ Parteien einen Schreck bekommen sollen (Dr. Jürgen W. Falter). Wie die Ansätze vermuten lassen, ist nicht genau zu bestimmen, wer nur aus reinem Protest wählt und wer Motive einer Partei wirklich vertritt, wenn die Person es nicht offen kommuniziert.

Der Einfluss von Protestwählern auf eine Wahl kann enorme Auswirkungen für die gesamte Politik haben. Sie können einerseits auf der ersten Stufe des Protestes zum Wahlsieg der Opposition beitragen. Andererseits können sie die Wahl und die daraus resultierende Politik auch soweit beeinflussen, „indem sie durch eine Stärkung von nicht regierungsfähigen Parteien des linken oder rechten Rands normale Koalitionsbildungen unmöglich machen“ (Dr. Jürgen W. Falter). Daraus folgt dann, dass Parteien zu Koalitionen gezwungen werden, welche durch ihre politischen Differenzen eigentlich zu keiner Koalition bereit sind. Dies bewirkt, dass die Bildung einer Regierung länger dauern kann und dass es schwieriger wird politische Beschlüsse durchzusetzen. Laut Dr. Falter können steigende Zahlen an Protestwählern möglicherweise zur Bedrohung eines politischen Systems werden. Folgen könnten zum einen Unregierbarkeit sein, oder wie es am Beispiel in den USA zu verdeutlichen sei, kann ein Anti-Politiker an die Spitze der Exekutive gewählt werden. So kann die Wahl von Donald Trump zum Präsidenten im Wahljahr 2016 als Ergebnis vieler Protestwahlstimmen ausgelegt werden.

Wichtig zu beachten ist, dass die Kategorie Protestwähler wissenschaftlich sehr ungenau ist, wodurch es schwerfällt, diese quantitativ einzugrenzen. Ob eine Person eine Partei bloß aus reinem Protest wählt oder aus anderen Motiven heraus, lässt sich nicht mit absoluter Sicherheit sagen (Dr. Lothar Probst). Deswegen sollte man auch die Wähler*innen bestimmter Parteien nicht ausschließlich unter dem Begriff Protestwähler einordnen.

Bei welcher Partei man sein Kreuz setzt, kann also nicht nur durch die meisten Übereinstimmungen der eigenen Meinung im Wahlprogramm einer Partei bestimmt sein, sondern kann auch etwas mit politischer Unzufriedenheit zu tun haben. Wie die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt ausgeht, entscheidet sich am 06. Juni und erst danach können auch Aussagen über die Anzahl möglicher Protestwählerstimmen gemacht werden.

 

Wahlbeteiligung: Nichtwähler- und Protestwählerschaft | bpb

https://www.dwds.de/wb/Protestw%C3%A4hler

„Es sind keine reinen Protestwähler“ | bpb

Kontakt zu Univ.-Prof. Dr. Jürgen W. Falter

Kontakt zu Prof. em. Dr. Lothar Probst